Numerische Standortbewertung

Messungen sind kostspielig und meist auf einen kleinen örtlichen Bereich begrenzt - numerische Methoden für die Analyse der Windverhältnisse erfassen einen Standort dagegen flächig. In einfachem Gelände kann dabei auf die Windatlas-Methode zurückgegriffen werden; in komplexem Gelände jedoch - mit Wald, Hügeln oder Bergen - weist diese Methode lokale Schwächen auf. In diesem Fall bietet sich die numerische Strömungssimulation an.

Die richtige Einschätzung eines Standorts ist für den wirtschaftlichen Erfolg eines Windparks von zentraler Bedeutung. Sind keine hinreichenden Messdaten vorhanden oder das Gelände zu komplex, bieten sich numerische Simulationen an, um verlässliche Aussagen über den möglichen Ertrag treffen zu können. Langfristige, zeitlich aufgelöste Daten lassen sich dafür aus mesoskaligen Simulationen ermitteln, die auf Analysen von globalen Wettermodellen basieren.

Nachlauf eines Windparks vor einem bewaldeten Hügel

Um lokale Effekte zu ermitteln, kommen mikroskalige Strömungssimulationen zum Einsatz. Diese erlauben die detaillierte Einbeziehung des Geländes und der lokalen Begebenheiten. Das Fraunhofer IWES nutzt für solche Simulationen den offenen Code OpenFOAM. Er hat den Vorteil, gut parallelisierbar zu sein, so dass auch große Gebiete einfach simuliert werden können; instationäre Simulationen sind ebenfalls möglich.

Der offene Code erlaubt die präzise Anpassung von Simulationsbedingungen an die Notwendigkeiten der atmosphärischen Simulation. So setzt das Fraunhofer IWES neben einem Gittergenerator auch selbst entwickelte Werkzeuge zur Erfassung verschiedener Nachlaufmodelle für Windparks (zus. Generierung von Wald aus Bilddateien, Berücksichtigung stabiler und instabiler Schichtungen) ein und implementiert diese in den Simulationscode. Eine Kopplung der mesoskalen Simulationen mit der lokalen (mikroskalen) Simulationen ist derzeit in der Entwicklung.

Gittergenerator

Strukturierte Gitter aus dem terrainMesher für die Simulation von mehr bzw. weniger komplexem Gelände

Gittergenerator

Für die Standortbewertung wurden zahlreiche Erweiterungen erarbeitet: Zum Beispiel einen Gittergenerator für komplexes Gelände und die Simulation ganzer Windparks. Die Gitter, mit deren Hilfe numerische Simulationen den Raum diskretisieren, sind von extrem großer Bedeutung für das Ergebnis der Simulationen. Das Fraunhofer IWES bietet einen strukturierten Gittergenerator für Standortsimulationen zum freien Download an:

https://github.com/jonasIWES/terrainBlockMesher

Inzwischen wurde das Tool um viele Möglichkeiten erweitert - eine wichtige Neuerung ist, dass beliebige 2D-Gitter als Basisgitter verwendbar sind. Diese müssen nicht notwendigerweise strukturiert sein, da der Mesher nicht länger auf blockMesh basiert - daher sein Name "terrainMesher". Ein Teil des Basisgitters wird zunächst auf das im STL-Format vorliegende Gelände projiziert. Anschliessend wird der Rest des Gitters dynamisch relaxiert, was übermäßige Diskontinuitäten vorbeugt und so die resultierende Zellqualität verbessert. Das so erhaltene Bodengitter wird zu einem 3D-Gitter gegebener Höhe erweitert. Hierbei kann wahlweise die Höhe der ersten Zelle über dem Grund oder das gewünschte Grading vorgegeben werden. Dieses wird nach außen hin angepasst, so dass ein maximales Seiten-Längenverhältnis der Zellen (Aspekt Ratio) nicht überschritten wird. Die vertikalen Splines werden ebenfalls dynamisch optimiert, so dass sie orthogonal auf dem Gelände stehen und maximalen Abstand voneinander halten.

Windparkoptimierung mit flapFoam

Aus dem Windpark-Optimierungs-Code der Universität Oldenburg FLaP und dem offenen Feldgleichungslösungsprogramm OpenFOAM hat das Fraunhofer IWES das Windparkopti-mierungsprogramm flapFoam entwickelt. Es projiziert die Nachläufe von einzelnen Anlagen in ein simuliertes oder modelliertes Windfeld. Anhand von verschiedenen Optimierungkriterien und -methoden wird dann der Windpark gemäß des besten errechenbaren Ergebnisses ausgelegt. Neben verschiedenen Nachlaufmodellen bietet das Programm auch die Möglichkeit, die Nachläufe der einzelnen Windenergieanlagen mit numerischer Strömungssimulation zu errechnen. Der Code ist in einer fortgeschrittenen Entwicklungsphase.

Effizientes Leistungsmonitoring mit der dynamischen Kennlinie

Stochastische Methoden ermöglichen in der durch Turbulenz gekennzeichneten Umgebung von Windenergieanlagen eine Vielzahl von Analysemöglichkeiten. In Kooperation mit ForWind an der Universität Oldenburg, fördert das Fraunhofer IWES die Verbreitung von Modellen wie dem CTRW-Windfeldmodell (engl. „continuous time random walk“) und den Einsatz der sogenannten dynamischen Kennlinie für das Leistungsmonitoring.

Eine der wichtigsten Methoden setzt dabei auf die Analyse von verrauschten Daten. Dabei werden verschiedene Rauscheinflüsse und deterministische Dynamiken voneinander getrennt. Dieser Prozess lässt sich auf alle möglichen Datenmengen anwenden, welche sich aus deterministischen und zufälligen Einflüssen zusammensetzen.

Die dynamische Leistungskennlinie bietet eine schnelle und kostengünstige Möglichkeit zur Online-Überwachung der Leistungsabgabe von Windenergieanlagen und ganzer Windparks. Um diese speziellen Leistungskennlinien von WEA innerhalb weniger Tage anhand von Gondelanemometer- und Leistungsdaten bestimmen zu können, kommt eine auf stochastischen Analysen basierende Software zu Einsatz. Hersteller, Betreiber, Serviceunternehmen und Energieversorger erhalten dadurch einen verbesserten Einblick in die aktuelle Performance der Anlage(n).

Ein abweichendes Betriebsverhalten von Anlagen desselben Typs wird zuverlässig detektiert, sodass einzelne Anlagen sowie ganze Windparks online überwacht und optimiert bzw. Ertragsverluste bemerkt und gegebenenfalls reduziert werden können.

Broschüre


Das CTRW-Windfeldmodell


Die Basis für eine realistische Lastsimulation einer Windenergieanlage ist eine gute Modellierung des eingehenden Windfelds. Allerdings stellen Windfeldgeneratoren, die auf Gauss-Verteilungen basieren, die Wechsel in der Windgeschwindigkeit im Vergleich zu realen Windfeldern nicht korrekt dar. Reale Windfelder weisen deutlich mehr kleine Schwankungen auf als das standardisierte Modell vermuten lässt; und bezüglich der starken Schwankungen übersteigen sie deren Annahmen um ein Vielfaches.

Das CTRW-Windfeldmodell basiert auf der „continuous time random walk“-Methode, die in der Lage ist, korrelierte Windfelder zu erzeugen, deren Windgeschwindigkeitswechsel denen realer Windfelder entspricht. Das Fraunhofer IWES bietet in Kooperation mit ForWind an der Universität Oldenburg einen Windfeldgenerator basierend auf dem CTRW-Modell an.

Fraunhofer IWES nutzt primär den offenen Code OpenFOAM® oder die Ableitung FOAM extended für die Berechnung numerischer Simulationen. Auch wenn der Programm-Code offen ist, verlangt er von Nutzern eine vergleichsweise steile Lernkurve. Das Fraunhofer IWES bietet Schulungen für die Nutzung von OpenFOAM auf verschiedenen Leveln an:

  • Einführungskurse in OpenFOAM
  • Kurse für die Nutzung von OpenFOAM für die Standortbewertung oder Aerodynamik
  • Schulungen zur Programmierung in OpenFOAM
  • Zusätzlich werden hausinterne Entwicklungen für die Nutzung von OpenFOAM in der Windenergie angeboten

Ertragsverluste von Offshore-Windparks ermitteln

Windenergieerzeugung hängt maßgeblich von wechselnden Wetterbedingungen ab – daher schwankt der Ertrag von Windenergieanlagen und -parks im Jahresvergleich. Um einen wirtschaftlichen Betrieb zu gewährleisten ist zu klären, ob die mögliche Leistung im Jahresverlauf erzielt oder durch Störeinflüssen wie Abschattung und suboptimalen Anlagenbetrieb vermindert wurde. Für Onshore-Anlagen in Deutschland kommen dafür seit einigen Jahren Indizes zum Einsatz, die einen Abgleich der tatsächlich erzielten Windparkleistung mit der zu erwartenden Leistung ermöglichen. Auf dieser Basis können Betreiber Ursachen für Leistungsverluste ermitteln, abstellen und somit die Rentabilität steigern. Mit dem „Offshore Wind Energie Index“ (FROENIX) ermöglicht das Fraunhofer IWES die Anwendung der weiterentwickelten Methodik auf Offshore-Windparks in der deutschen Bucht.

Der Index wird separat für alle 13 Offshore-Windenergiecluster, die im Bundesfachplan Nordsee 2012 definiert wurden, berechnet. Er zeigt die prozentuale Abweichung der Windleistungsdichte eines Jahres von der mittleren Windleistungsdichte im Vergleich zu den vergangenen 5 und 10 Jahren, die so genannte Leistungsdichtevariation. Diese Berechnung beruht auf mesoskaligen Simulationen von mehr als einem Jahrzehnt mit einer zeitlichen Auflösung von 30 Minuten. Die horizontale Auflösung der Simulationen beträgt 2.1 km. Auf Anfrage können diese Daten (Zeitreihen, Windfelder und Statistiken) zur Verfügung gestellt werden. In den Simulationen wurde der Einfluss von Nachläufen der  Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht nicht berücksichtigt. Beispielsweise  kann der Effekt des Zubaus umliegender Windparks auf eine bestimmte Windparkfläche anhand der Differenz zwischen real gemessenen Produktionsdaten und FROENIX abgeschätzt werden.

Das Fraunhofer IWES bietet vielfältige Services für die Offshore -Windenergieindustrie: Ertragsgutachten und Windleistungsbewertungen, Offshore-Windmessungen und numerische Simulationen von einzelnen Windenergieanlagen, gesamten Windparks und auch Windparkclustern unter Berücksichtigung der Nachlaufeffekte sowie großskalige Tests von Tragstrukturen und Bauverfahrenstechniken.

Bitte mit dem Curser über das gewünschte Cluster fahren, um die Messergebnisse anzuzeigen.

Weitere Indexberechnungen für die Jahre 2015 und 2014

Bokeh Plot

Die Software FOXES ist eine modulare Windpark- und Nachlaufmodellierungsbibliothek, welche auf der schnellen Auswertung von zumeist analytischen Nachlaufmodellen basiert. Sie hat zahlreiche Anwendungen, beispielsweise

  • Windparkoptimierung, z.B. Turbinenpositionierung oder Nachlaufsteuerung,
  • Windparkbewertung und Ertragsanalyse nach Inbetriebnahme,
  • Nachlaufmodellstudien, Validierung und Modellvergleich,
  • Windparksimulationen mit komplexen Modellketten.

Die Entwicklung von FOXES beruht auf vielen Jahren Erfahrung mit der Implementierung von Nachlaufmodellen am IWES. Entsprechende Arbeiten begannen 2011 mit der C++ Software "flapFOAM", welche 2019 durch den ebenfalls in Python realisierten direkten Vorgänger "flappy" ersetzt wurde (beide nicht-öffentlich).

Dokumentation: https://fraunhoferiwes.github.io/foxes.docs/index.html
Quellcode: https://github.com/FraunhoferIWES/foxes

Optimierung mit der neuen iWOPY-Software: iWOPY ist ein Meta-Bibliothek, dass eine einzige Schnittstelle zu vielen verschiedenen bestehenden Open-Source-Python-Optimierungspaketen bietet. Sobald Sie Ihre Optimierung innerhalb des Programms iWOPY beschreiben, können Sie zwischen den unterstützten externen Bibliotheken und deren Solvern wechseln, indem Sie einfach das Optimierungsobjekt in Ihrem Skript ersetzen. iWOPY zielt also darauf ab, komplexe Optimierungsprozesse zu vereinfachen und bietet Ihnen ein einfaches Werkzeug für den Zugriff auf eine Vielzahl von effizienten Optimierern.

 

Alle Informationen dazu finden Sie hier: 

Dokumentation: https://fraunhoferiwes.github.io/iwopy.docs/index.html
Quellcode: https://github.com/FraunhoferIWES/iwopy
PyPi-Referenz: https://pypi.org/project/iwopy/