Projektlogistik

Ein leistungsfähiges Projekt- und Risikomanagement ist die Grundlage für erfolgreiche und kosteneffiziente Planung, Errichtung und Betrieb von Offshore-Windparks. Das Projektmanagement plant, validiert, steuert und kontrolliert die termin-, kosten- und qualitätsgerechte Umsetzung von Projekten. Hierzu zählen z.B. Terminpläne (inkl. Wetterabhängigkeit) und Kostenmodelle (inkl. Lebenszykluskosten). Die wirkenden Unsicherheiten auf die Konzepte, Projekte und Prozesse werden im Risikomanagement in Anlehnung an die ISO 31000:2009 erfasst, analysiert und optimiert.

Ein wichtiger Aspekt für die Optimierung der Projektaufwendungen und des Risikoprofiles ist eine realistische Bauzeitprognose. Mit umfassenden Analysen von Installationskonzepten in Bezug auf Wetterabhängigkeiten bzw. Equipmentrestriktionen kann das Fraunhofer IWES Nordwest einen wichtigen Beitrag für eine belastbare Bauzeitprognose liefern. Dafür werden sowohl übliche Methoden wie Wetterfensterstatistiken, als auch die WaTSS (Weather Time Series Scheduling)-Methode, eine direkte Abbildung von Installationsabläufen auf Wetterzeitreihen, eingesetzt. Letztere erlaubt auch die zusätzliche Berücksichtigung der DNV-OS-H101 Richtlinien.

Die Errichtung von Offshore-Windparks ist mit sehr hohen Kosten verbunden. Ein wesentlicher Faktor sind hierbei die hohen Einsatzkosten für das Offshore-Equipment (Schiffe, Kräne). Ein wichtiger Aspekt in der Optimierung der Projektkosten und des Risikoprofiles ist somit eine realistische Prognose der Bauzeit.

Das eingesetzte Offshore-Equipment unterliegt technisch bedingten, definierten Wettergrenzen, bei deren Überschreiten ein sicheres Arbeiten nicht mehr möglich ist. Diese Einsatzgrenzen werden durch den Einfluss verschiedener Umweltfaktoren, z.B. die Höhe der signifikanten Welle, Wind oder Strömung, auf die Durchführung einzelner Prozesse, wie Kranarbeiten oder Aufjacken definiert. Aus diesem Grund haben die Wetterbedingungen und -risiken große Auswirkungen auf die Offshore-Installationszeiten.

Zur Ausführung der Tätigkeiten müssen entsprechende Wetterfenster zur Verfügung stehen. Wetterfenster sind Zeiträume, in denen die für die spezifische Aufgabe erforderlichen Einsatzgrenzen eingehalten werden. Die realitätsnahe Prognose der Bauzeiten ist u.a. für folgende Fragen wesentlich:

• Bau- und Errichtungszeiten
• Charterzeiträume von Offshore-Equipment, z.B. Schiffe, Plattformen
• Anzahl möglicher Installationen
• Einfluss von Verzögerungen
• Zeitpunkt des Baubeginns und der Inbetriebnahme
• Vergleich von Transport- und Installationskonzepten
• Vergleich von Kosten / Nutzen von verschiedenen Equipmentkonzepten
• Interaktion von Teilprojekten, z.B. Installation von Fundamenten, Innerparkverkabelung, Winde
 

WaTSS Methode
Pufferzeiten in den Projektplänen werden aktuell zumeist auf Basis von Wetterfensterstatistiken erstellt. Dabei werden auf der Grundlage sehr langer Zeitreihen Statistiken der Wetterfenster erstellt. Ein Nachteil hierbei ist, dass die Information über deren zeitliche Abfolge verloren geht, so dass die Abfolge von Arbeiten mit unterschiedlichen Wetter-grenzen nur eingeschränkt berücksichtigt werden kann.

Das Fraunhofer IWES hat daher als Alternative zur Verwendung von Wetterfensterstatistiken die WaTSS (Weather Time Series Scheduling)-Methode entwickelt. Hierbei wird der Bau-/Projektplan, in seiner gesamten Komplexität und in einem beliebigen Detaillierungsgrad auf die Wetterzeitreihen (Wetterfenster) abgebildet. Diese Simulation wird über mehrjährige Wetterzeitreihen, z.B. 40 Jahre, durchgeführt, wobei der simulierte Bau an jedem Tag begonnen wird. Aus den Auswertungen der einzelnen Vorgangs- und Projektdauern werden Prognosen, inkl. Wahrscheinlichkeiten, für die Bau-/Projektzeit erstellt. In der Simulation können beliebige Kombinationen von Wetterrestriktionen für jeden Vorgang definiert werden.

Weiterhin ist es möglich verschiedene Ereignisse, bei denen aufgrund widriger Wetterbedingungen ein Schiff zum Basishafen bzw. zu einer temporären Unterkunft fährt (z.B. „Call-to-Port“ oder „Seek-for-Shelter“), in die Analyse zu integrieren. Mit Hilfe von Sensitivitätsanalysen können die Baupläne in Bezug auf Wetterrisiken optimiert werden. Die Prognose der Bauzeit unterstützt in einer frühen Projektphase die Entscheidungen für eine kosten- und risikooptimale Installationsstrategie. Während der Projektausführung können die Auswirkungen von Verzögerungen bestimmt werden.

Um den Faktor Wetter bereits in der Planungsphase berechenbar zu machen, wurde am Fraunhofer IWES Nordwest die Software COAST (Comprehensive Offshore Analysis and Simulation Tool) entwickelt. Sie erleichtert die wetterdaten-basierte Planung, Validierung und Bewertung von Offshore-Abläufen in der Installations- und Betriebsphase. Die einfache Einbindung der Analysen in die täglichen Arbeitsabläufe ist durch Kompatibilität mit MS-Project und eine intuitive Nutzeroberfläche unkompliziert möglich. Basis für Planung, Logistik und Vertragsgestaltung.

Die Fragestellungen und Eigeninteressen rund um das Management der Offshore-Aktivitäten sind vielfältig: Planer prüfen vorab ihre Terminpläne auf Realisierbarkeit. Logistiker und Installateure optimieren den Einsatz ihrer Fahrzeuge/Schiffe. Betreiber optimieren ihre Wartungsaufgaben und Strategien zum Komponententausch. Investoren und Banken validieren ihre Finanzmodelle. Versicherer gestalten individuelle Schutzkonzepte für Wetterrisiken oder Deckungssummen. Juristen und Betriebswirte vereinbaren fundierte Zahlungspläne, Vertragsstrafen und Konzepte zur Verteilung der Wetterrisiken.

Haben sich in der Ausführung Verzögerungen eingestellt, können mit der COAST-Software Beschleunigungsmaßnahmen realistisch bemessen werden. Nach Abschluss der Bauphase lassen sich die Einflüsse von Wetterrisiken validieren, Schadenersatzansprüche forcieren bzw. abwehren und Lessons Learned entwickeln.

 

WaTSS – Weather Time Series Scheduling – Methode
In der WaTSS Methode wird der Ablauf von Offshore-Aktivitäten mit ihren Wetterrestriktionen simuliert. Dabei werden langjährige Wetterzeitreihen zugrunde gelegt, um die wetterbedingten Verzögerungen realistisch zu berücksichtigen. Anschließend werden die Simulationsergebnisse statistisch ausgewertet. Die Vorgänge werden durch Terminpläne im MS-Project XML-Format definiert und können somit mit Planungstools wie Asta Powerproject, Primavera und MS-Project
entworfen werden. Demgegenüber werden die lokalen Bedingungen und Wettergrenzen über bis zu 50 Jahre umfassende Zeitreihen beschrieben.
 

 

Damit können neben Mess- oder Modelldaten-Zeitreihen, z.B. Wind, Wellen-Höhen oder -Perioden, beliebige andere zeitliche Restriktionen, z.B. Tag / Nacht, Schleusenzeiten, Tidenfenster oder Wasserstände, in der Analyse berücksichtigt werden. Um die Projektdauern und ihre Verteilung zu ermitteln, werden Simulationsergebnisse statistisch ausgewertet. Sämtliche Ergebnisse und die Verteilung der Projektdauern können in MS-Excel- oder CSV-Format exportiert werden. Die einzelnen Simulationen lassen sich graphisch darstellen und als Plan exportieren. Wetterdaten können auch aus MS-Excel gelesen werden. Die Berücksichtigung der Guideline „DNV-OS-H101 Marine Operations“ (2012) in der Analyse ist optional möglich.

Die COAST-Software ermöglicht den Vergleich verschiedener Konzepte und Varianten des Planungsablaufs hinsichtlich der Wetterrisiken. Mithilfe von Sensitivitäts- und Szenarioanalysen lassen sich Projektpläne optimieren. Anhand der Ergebnisse werden Schwachpunkte und Flaschenhälse einzelner Phasen / Aktivitäten offensichtlich. Die WaTSS Methode bietet gegenüber den häufig verwendeten Wetterfensterstatistiken tiefergehende Analysen der Wetter- und Rahmenbedingungen.

Website: http://www.coast.iwes.fraunhofer.com

Der Einfluss des Wetters auf einen Prozess hängt im Allgemeinen von drei Parametern ab: den Restriktionen eines Vorgangs gegenüber einem oder mehreren Parametern (z.B. signifikante Wellenhöhe), dem benötigten Zeitraum für den Prozess – und somit die benötigte Länge des Wetterfensters. Neben der Untersuchung eines Vorgangs lässt sich auch eine Sequenz von Vorgängen mit einer entsprechenden Wetterfensterdauer beschreiben.

Konkret bedeutet dies, dass mithilfe von Wetterfensterstatistiken die voraussichtliche Dauer komplexer Installationsprozesse abgeschätzt werden kann. Darüber hinaus kann für Wartungszwecke die Zugänglichkeit einer Anlage prognostiziert werden. Unsere Wetterfensterstatistiken lassen zudem Aussagen über die Unsicherheiten der ermittelten Angaben zu.

Häufig ist die Durchführbarkeit von Vorgängen durch mehr als einen Wetterparameter eingeschränkt. In solchen Fällen hat das Fraunhofer IWES die Möglichkeit, 2-Parameter bzw. kombinierte Wetterfenster-statistiken zu erstellen. Die Datengrundlage für die Erstellung der Statistiken ist von entscheidender Bedeutung für ihre Qualität. Oft sind Datensätze inkonsistent, inhomogen und/oder lückenhaft und können fehlerhafte Ergebnisse zur Folge haben. Darum werden die unterschiedlichen Eingangsdaten vom Fraunhofer IWES verifiziert und gegebenenfalls korrigiert. Die Auswertungen können auf Basis historischer gemessener Zeitreihen oder von Hindcast-Modeldaten für einen konkreten Standort erstellt werden, wobei auch der Vergleich und Abgleich unterschiedlicher Daten vor der Erstellung von Statistiken möglich ist.

Das Fraunhofer IWES verfügt über langjährige Erfahrungen und ein umfassendes Know-how auf dem Gebiet der Wetteranalyse und Verifikation. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung für die hohe Qualität der Wetterfensterstatistiken. Für verschiedene bereits umgesetzte oder in der Planung befindliche Offshore-Projekte in der Nord- und Ostsee haben wir die Wetterfensterstatistiken erstellt.

• Erstellung von 1- und 2-Parameter-Wetterfensterstatistiken auf Basis von Mess- und/oder Modelldaten
• Beschaffung, Validierung und Korrektur von Daten für die Berechnung der Statistiken
• Auswertung von Ablaufplänen auf Basis der Wetterfensterstatistiken sowie dem saisonalen Zeitpunkt der Tätigkeiten.

Dabei wird ein Wetterfenster als der Zeitraum definiert, in dem eine gegebene Wetterbedingung (Restriktion) dauerhaft erfüllt wird. Eine einfache Statistik der Wetterdaten, ohne die Berücksichtigung von Wetterfensterlängen und Zeitpunkten der Ausführung, reicht für eine Bewertung der Vorgangs-/Projektdauern bzw. Zugänglichkeiten der Anlagen nicht aus. Im Gegensatz hierzu bietet die Wetterfensterstatistik eine Aussage darüber, wie hoch der Anteil der verwertbaren Zeit innerhalb eines vorgegebenen Monats ist.